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Christian Kjellvander

Waste of mind - 1999-01-01

Auch wenn der Name Christian Kjellvander hierzulande den meisten nicht all zu viel sagen dürfte wird der eine oder andere schon eine Platte von ihm im Schrank haben - zusammen mit seiner Band den Loosegoats hat er nämlich schon bei zahlreichen Indie-Fans den Weg ins Plattenregal gefunden. Jetzt hat er allerdings sein erstes Solo-Album aufgenommen, auf dem er seine Songwriting-Fähigkeiten ganz offensichtlich erst vollkommen realisieren konnte. Sein Debütalbum Songs From A Two-Room Chapel ist eine wunderbar ruhige, melancholische Platte geworden, die viel Folk und Country, aber auch Pop beinhaltet, sich stilistisch irgendwo zwischen Kristofer Aström, Johnny Cash und Elliot Smith bewegt und jedem nur wärmstens empfohlen werden kann. Per Email beantwortete uns Christian ein paar Fragen zu seiner neuen Platte und deren Entstehungsgeschichte, aber auch zu den Loosegoats.

Du hast gerade dein erstes Solo-Album veröffentlicht, wann kam Dir die Idee dazu?

Ich glaube die Idee war schon immer da. Eigentlich mag ich ja lieber die Ideale die hinter einer Band stecken, aber unglücklicherweise ist das ja nicht bei jedem so. Ich hab immer versucht einfach nur ich zu sein, und das zu tun was meine Aufgabe war, egal ob in einer der Bands bei denen ich tätig war, oder als Einzelperson. Ich mache mir da aber auch nicht weiter Gedanken drüber.

Wie bist du auf den Titel "Songs From A Two-Room Chapel" gekommen?

Ich habe den größten Teil des Albums in meinem 2-Zimmer Apartment geschrieben, was also auch einen Einfluss hatte. Eigentlich ist es aber mehr als Metapher zu sehen, das nämlich selbst so etwas heiliges und gerechtes wie eine Kapelle zwei Zimmer, bzw. zwei Seiten haben kann von Glauben und Wahrheit. Früher bestanden die Kapellen nur aus einem Raum, wo sich alle versammeln konnten um gemeinsam das Böse fernzuhalten. Heute erscheint das fast wie eine Utopie. In nur einem Körper kann sich so viel an Verlangen, Willen und Richtungen vereinen ...das hat mich schon immer fasziniert: Wir werden konstant mit neuen Idealen und Vorgaben bombardiert, wie wir unser Leben zu leben haben - ein fortlaufender Prozess.

In deiner Musik spiegeln sich viele Country - Einflüsse wider - wie kommt das?

Oh, das begann mit Dolly Parton. Sie war ein fester Bestandteil meiner Kindheit, ihre Stimme war bei uns immer zugegen. Und dann ergab sich das wie von selbst. Als ich ein Teenager war, verbrachte ich einige Zeit in Houston. Dort gab es in vielen Clubs allabendlich Live-Musik, häufig Country und Blues. Hinzukommt, das viele der Indie-Bands die ich mochte eine Spur von Country in der Musik hatten (Dinosaur, Replacements, Lemonheads, REM). Ich glaube ich war so 15-17 als die Bands bei uns vorbeikamen, und Namen wie Neil Young oder Gram Parsons fielen.... war also irgendwie unmöglich daran vorbeizukommen.

Dann hörst du privat auch viel Country?

Ja, wie gesagt, alles was so leichte Country-Elemente (auch in bezug auf das Songwriting) in sich birgt finde ich sehr nett, Neil Young, Bob Dylan, auch die Rolling Stones. Und natürlich hänge ich immer noch an den früheren Werken von Dolly Parton, oder The Byrds, Kris Kristofferson, Townes Van Zandt, Johnny Cash (mehr seine späteren Sachen), das dritte Album von Velvet Underground enthält auch viel Country/Folk-mässiges. Oder die Meat Puppets...

Du wirst oft mit Kristofer Aström verglichen, findest du diesen Vergleich angenehm?

Ach werd ich? Wir sind eigentlich ziemlich unterschiedlich was das Schreiben von Musik und Lyrics betrifft.
Ich kann schon verstehen dass die Leute da eine Verbindung sehen, aber unter der Oberfläche sind wir doch sehr unterschiedlich.

Wie gut kennt ihr euch denn? Was hältst du von seiner Musik?

Wir sind ja seit 1996 auf dem gleichen Label, deswegen kenne ich ihn ganz gut. Wir haben auch schon zusammen getourt, sowohl Solo als auch mit unseren Bands (Fireside/Loosegoats), und sind ganz gute Freunde. Ich mag seine Musik wirklich, manchmal finde ich die Songs zwar zu lang (für meinen Geschmack), aber er ist wirklich ein sehr talentierter Songwriter und Sänger.

Im Moment ist ja bei den Loosegoats Pause angesagt. Habt ihr denn vor demnächst mal wieder was zusammen zu machen?

Darüber hab ich gar nicht so nachgedacht. Wir hätten da vorher ein paar kreative und andere Dinge zu klären, aber wenn das geregelt wäre - vielleicht? Ich fand das Spielen mit ihnen wirklich angenehm, aber nach ner Weile kamen die ersten Brüche, und du kannst sicherlich verstehen, das damit nicht jeder zurecht kam und glücklich war über diese Dinge.
Manchmal will man halt unterschiedliche Sachen im Leben, und ich hatte halt das Gefühl dass eine Pause vorübergehend das Beste wäre.

Was macht dir denn mehr Spaß, die Solo-Sachen oder die Zusammenarbeit mit den Jungs von Loosegoats?

Im Grunde genommen ist es das Gleiche. Ich mag das Schreiben, Arrangieren der Songs und auch das Produzieren.
Wessen Name da später auf der Platte steht, ist egal. Als wir jünger waren zählte natürlich mehr das Wir-Gegen-Alle-Gefühl in der Band, aber mit der Zeit wird das von Dingen wie Tod, Geburt, Liebe, Geld usw. überholt.
So lang man sich das Schreiben guter Songs zum Ziel setzen kann, ist alles ok.

Ich hab gelesen, dass du zusammen mit deinem Bruder eine Platte aufgenommen hast, hatte aber bis jetzt nicht die Möglichkeit da mal reinzuhören. Ist sie überhaupt außerhalb von Schweden erschienen? Ist sie vom Stil her wie deine Solo-Platte?

Ja, wir haben eine Platte mit dem Titel 'Songs of Soil' aufgenommen. Jeder von uns hat fünf Songs geschrieben, wir spielten sie auch gleich ein und brachten sie raus. Stilistisch liegen wir eigentlich ganz dicht beieinander. Mein enger Freund Carl Granberg hat sich bei beiden Platten um den ganzen Technik-Krams gekümmert, seine Ohren sind sozusagen schon getrimmt. Mein Bruder und ich haben unsere Songs selber produziert, so dass eine gute Breite an unterschiedlichen Sachen bei rauskam, die meine Platte vielleicht nicht so hat. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube sie ist jetzt via Import erhältlich, vielleicht kommt sie später ja auch bei V2 raus.

Du bist in Schweden geboren worden, hast dann ein paar Jahre in den USA gelebt, und bist dann wieder in dein Heimatland zurückgekehrt. Gab es dafür einen speziellen Grund?

Meine Eltern haben unsere gesamte Familie über den Ozean verfrachtet, als ich sechs war. Wir wuchsen auf, während meine Eltern sich immer mehr auseinander lebten. Als ich 16 war, ließen sie sich scheiden, und meine Mutter fühlte sich sicherer (finanziell und moralisch) bei dem Gedanken mit ihren drei Söhnen wieder nach Schweden zurückzugehen.

Deine Platte wurde von Pelle Gunnerfeldt gemixt. Hatte er wesentlichen Einfluss auf den Sound?

Pelle ist kein Genie, er hat einfach nur einen verdammt guten Geschmack! Zudem verfügt er über eine Menge an interessantem Equipment, wie zum Beispiel alte Verstärker. Der Sound hat sich an sich wenig verändert, er gab dem Ganzen dann aber noch die fehlende Prise Salz. Es ist auf jeden Fall ein Vergnügen mit ihm zu arbeiten.

Du hast die Platte ja selber produziert. Wolltest du niemand anderes zur Unterstützung haben?

Ich habe nur einmal mit einem Produzenten zusammen gearbeitet, und das war Brian Paulson. Er hat bei der zweiten Loosegoats-Platte mitgemacht. Ich war zufrieden mit seiner Arbeit und werde vielleicht auch mal wieder mit ihm
zusammen was machen. Es ist irgendwie einfach alleine zu arbeiten, weil man keine Kompromisse eingehen muss. Es ist ja auch so, dass jeder Musiker seine eigene Note mit einbringt, und wenn man alleine arbeitet, kann man eher eine klare Linie auf der Platte durchziehen

Gibt es schon Pläne für eine Europa-Tour, oder speziell ein paar Deutschland-Gigs?

Ich werde auf jeden Fall im Frühjahr oder Herbst nach Deutschland kommen, vielleicht Solo und auch mit meiner Band.

Du hast das Album in den End Studios aufgenommen, das früher eine Orgel-Fabrik war. Wieso hast du dir gerade diese Studios ausgesucht? Hatte die Atmosphäre dort Einfluss auf deine Platte, schließlich ist so ein Ort ja alles andere als gewöhnlich?

Ja, ich glaube fest daran, dass sich die Atmosphäre vom Ort wo du die Platte aufnimmst, auf der Platte widerspiegelt. Am Wichtigsten ist es, dass man sich selber wohlfühlt. Denn egal wie gut die Platte klingt, wird man immer bestimmte Erinnerungen mit dem Einspielen verbinden. Wir hatten eine klasse Zeit als wir die Platte aufnahmen: Gutes Essen, Wein, großartige Freundschaften und wunderschöne Sommernächte verbinde ich mit den Aufnahmen zu diesem Album. Es gab Momente wo es echt scheiße war, aber im großen und ganzen sind das die Dinge an die ich mich am Besten erinnern kann.

Die Texte handeln viel von Einsamkeit, dem Unterwegssein, oder Heimatlosigkeit. Wie autobiographisch sind die Texte?

Ich versuche sie so autobiographisch wie möglich zu halten. Ich hab das schon so oft gemacht, aber ich kann immer noch nicht verstehen, dass das auch andere hören wollen. Da ich aber nur wert auf meine eigene Meinung und meine eigenen Gedanken lege, nutze ich das auch als eine Art Dokumentation meiner Gedanken vom vergangenen Jahr. Alles handelt entweder von mir oder jemandem den ich kenne. Ich bin kein guter 'Erfinder' was Stories angeht, aber ich versuche dran zu arbeiten.

Noch ein paar letzte Worte?

Nö. das war's.

Okay, dann danke für Deine Zeit.

Interview: Tito
Übersetzung: Astrid

Astrid | URL